ArtikelDigitalisierung/Digitale Transformation

IT-Dienstleister sollten umdenken: Wie können digitalen Aktivitäten intelligenter gestalten werden?

Autor/Redakteur: Jochen Wießler, Regional President DACH & Eastern Europe bei Unit4/gg

Wir alle haben turbulente Zeiten hinter uns und mussten einiges an Hindernissen überwinden, um wieder zum Business as usual zurückzukehren. Im Bereich IT-Services haben sich die Gegebenheiten jedoch in letzter Zeit nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach geändert. Zum einen hat die Cloud viele der komplexen Herausforderungen im Bereich Systemintegration beseitigt, die Unternehmen bisher nur mit der Hilfe externer Dienstleister meistern konnten. Zum anderen haben Low-Code-Umgebungen und agile Ansätze zu einer Beschleunigung der langwierigen linearen Entwicklungsprojekte beigetragen, die früher gang und gäbe waren. Auch auf dem Markt verändert sich einiges. Offshore-Anbieter versuchen, mehr High-End-Beratungskapazitäten zu schaffen, während etablierte Großunternehmen ihre Offshore-Macht ausbauen. Und der wohl radikalste Umbruch von allen: In den letzten anderthalb Jahren hat sich das Consulting zu einer Dienstleistung entwickelt, die größtenteils remote erbracht werden kann – eine bemerkenswerte Wendung für einen Sektor, in dem Dienstreisen bisher an der Tagesordnung standen.

Diese Entwicklungen waren alles andere als einfach für IT-Dienstleister. Positiv zu erwähnen ist allerdings, dass die Covid-19-Pandemie einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung des Mehrwerts für die Kunden geleistet hat und vielen Unternehmen den Impuls gegeben hat, ihr Geschäftsmodell zu optimieren. Wenn man direkt mit den Kunden spricht, erhält man den Eindruck, dass sich das Dienstleistungsniveau nach der Umstellung auf virtuelle Modelle nicht verschlechtert hat. Jahrzehntelang galt die persönliche Betreuung der Kunden vor Ort als Goldstandard. Im Bereich Change Management und Re-Engineering erwarten Unternehmen nach wie vor, den Beratern, denen sie Millionen zahlen, von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Für die meisten Aufgaben von IT-Dienstleistern ist dies – wie wir wissen – allerdings nicht mehr nötig.

Das alte Bild von Beratern, die so lange beim Kunden tätig sind, dass sie praktisch zum Inventar gehören, hält sich zwar hartnäckig, doch in Wirklichkeit ist der Professional-Services-Bereich heute viel effizienter aufgestellt. Laut Service Performance Insight (SPI) wurden im Jahr 2020 mehr als 59 Prozent des Professional-Services-Umsatzes und 60 Prozent der fakturierbaren Stunden remote erbracht. Fast 20 Prozent des Umsatzes in diesem Sektor stammen aus Modellen mit wiederkehrenden Umsätzen, zum Beispiel aus nutzungsabhängigen Lösungen, Abonnements und Managed Services. Das Wachstumspotenzial liegt heute in der Schaffung von Mehrwert durch Cloud, Analytics und andere Mittel.

Damit IT-Dienstleistungsunternehmen heute Gewinnspannen von mindestens 20 Prozent EBITDA erzielen können, müssen sie eine hohe Auslastung sicherstellen (bei den Spitzenreitern sind es 85 Prozent), ihre Projektdurchführung optimieren, die Gemeinkosten senken und ihre Effizienz steigern. Denn nur so erhalten sie eine klare, überschaubare Pipeline und können genau im Auge behalten, was bis wann erledigt werden muss. Mit anderen Worten: Die Zeiten, in denen abrechenbare Stunden und Neugeschäft zur Steigerung des Wachstums aufgebläht wurden, sind vorbei. Stattdessen arbeiten Berater gleichzeitig an unterschiedlichen Projekten und Aufgaben und nutzen intelligente Systeme, um ihre Arbeit bestmöglich zu koordinieren.