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Die fünf Dimensionen der Unternehmensagilität

Autor/Redakteur: Dr. Uwe Heckert, Vice President Application Services für EMEA und Geschäftsführer der Unisys Deutschland GmbH/gg

In einer Zeit, die geprägt ist von kontinuierlichen Innovationen, Hyperwettbewerb und rapiden Veränderungen, kommt es für Unternehmen vor allem auf zwei Dinge an: Timing und Wandlungskunst. Insbesondere für traditionelle Unternehmen gilt es, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren, Kundenwünsche möglichst punktgenau und treffsicher zu erfüllen und sich gegenüber der starken Konkurrenz, auch neuer, von Grund auf digitaler Unternehmen, zu behaupten. Aber wie kann das gelingen? Die Antwort ist zunächst einfach: mit Agilität. Allerdings ist es eine Herausforderung, ein bisher weniger agiles Unternehmen wirklich agil zu machen. Die Berücksichtigung der fünf Dimensionen der Unternehmensagilität kann hier sehr hilfreich sein.

Unternehmen, die es nicht schaffen, schnell genug auf die Erwartungen ihrer Kunden einzugehen, und das bei einem Höchstmaß an Kosteneffizienz, werden die Verlierer der Zukunft sein. Denn sie kämpfen mit neuen Kontrahenten: jungen, dynamischen Unternehmen, die von Beginn an durch und durch digital und agil aufgestellt sind, rasch auf Veränderungen reagieren sowie neue Produkte und Services passgenau auf die Wünsche der Kunden zuschneiden. Sie fordern die traditionellen Marktführer in allen Branchen heraus. Damit diese dagegenhalten können, haben sie keine andere Wahl als ihr Agilitätsniveau anzupassen. Doch wie geht das?

Keine Frage: Agiler zu werden, ist eine große Herausforderung. Die Umsetzung einiger Projekte unter Anwendung agiler Methoden reicht dabei bei weitem nicht aus. Es bedarf einer umfangreichen Veränderung, die das gesamte Unternehmen betrifft – angefangen bei den Mitarbeitern über Prozesse bis hin zu Risikomanagement und eingesetzten Technologien.

Wie geht man bei einer so umfangreichen Transformation am besten strategisch vor? Welche Kernelemente beziehungsweise Dimensionen sind wie zu berücksichtigen?

Dimension 1: Neue Denkweisen

Zu allererst fordert Agilität eine neue Denkweise und einen Wandel der Unternehmenskultur. Jeder muss einen kooperativen Ansatz „leben“ und sich aktiv in den Arbeitsprozess, der von selbstverwalteten Teams bestimmt wird, einbringen. Das ist auf der Führungsebene der Unternehmen angekommen. Adidas hat beispielsweise bei der Führungskultur angesetzt, um ein Umdenken im Unternehmen anzustoßen, Daimler arbeitet an einer neuen, agilen Unternehmenskultur und Merck will die Agilität seiner Mitarbeiter weiter fördern – um nur drei Beispiele zu nennen. Mitarbeiter müssen bereit sein, zu Experimentieren und zu Versagen. Ohne diese veränderte Herangehensweise an die Entwicklung neuer Produkte und Lösungen können die anderen vier Dimensionen, die nun folgen, nicht vollständig greifen und zum Erfolg führen. Jeder innerhalb eines Unternehmens muss sich mit der Idee von Agilität anfreunden, damit das Unternehmen den vollen Return on Investment (ROI) der digitalen Transformation ausschöpfen kann.

Dimension 2: Agilität auf Prozessebene

Unternehmensagilität bedarf in einem zweiten Schritt des Einsatzes von agilen Methoden auf Mitarbeiter- und Teamebene. Hier kommen Ansätze, wie beispielsweise Scrum, ins Spiel. Scrum wird vor allem in der Softwareentwicklung angewendet, was eine aktuelle Studie der Hochschule Koblenz, bei der 700 IT-Entscheider befragt wurden, bestätigt. Vorrangiges Ziel dabei: die Optimierung der Produkteinführungszeit.

Generell gilt: Durch eine agile Vorgehensweise beim Projektmanagement lassen sich umfangeiche, komplexe (Entwicklungs-)Projekte effizient managen. Anstelle von präzise durchgeplanten Projekten tritt die iterative Entwicklung in kurzen Feedback-Schleifen, wobei Projektteams kurzfristig auf Änderungen oder Probleme reagieren können.

Neben der Etablierung agiler Werkzeuge bedarf es der Verwendung und Individualisierung von Softwarelösungen wie dem Scaled Agile Framework (SAFe). SAFe beruht auf schlanken und agilen Prinzipien und synchronisiert Ausrichtung, Zusammenarbeit und Übergaben in agilen Teams. Mittels SAFe lässt sich Agilität auf drei Ebenen erreichen: auf der Team-, Projekt- und Portfolioebene. Der Großteil bisheriger Transformationen konzentrierte sich mit der Team- und Projektebene hingegen lediglich auf zwei Bereiche. Häufig wurde bisher die Unternehmensebene vernachlässigt, denn Agilität auf Unternehmenseben zu skalieren ist ein schwieriges Unterfangen. Hier können sich Anleitungen zu Frameworks wie SAFe als dienlich erweisen. Sie zeigen etablierte Mechanismen auf, mit denen sich die Herausforderung hinsichtlich der Koordinierung agiler Teams über alle Unternehmensbereiche hinweg lösen lassen. Die Tipps können Unternehmen beim Aufsetzen einer konsistenten Architektur helfen und sicherstellen, dass die Arbeit eines jeden Mitarbeiters zu Produktzielen, Führungsrolle und Governance-Richtlinien passt.

Dimension 3: Entwicklungsautomatisierung

Entwicklungsautomatisierung ist das dritte Schlüsselelement zu mehr Agilität im Unternehmen. Dabei geht es um Automatisierung entlang des gesamten Lebenszyklus, die Umweltmanagement und Release-Management ebenso umfasst wie Problem-Management und die teamübergreifende Zusammenarbeit.

Indem Qualitätschecks direkt in den Release-Prozess eingebettet sind, lässt sich durch automatisierte Entwicklungsprozesse beispielsweise die Qualitätskontrolle optimieren. Zudem führt Entwicklungsautomatisierung zu einer besseren Zusammenarbeit von Entwicklungs- und operativen Teams und damit zu DevOps, einem Konzept zur Verbesserung von Prozessen, das für eine höhere Geschwindigkeit sorgt und den Time-to-Market verkürzt. Durch die Automatisierung der Entwicklung lassen sich darüber hinaus Entwicklungsstrategien nutzen, die dem Experimentieren mehr Raum geben – getreu dem Motto: Scheitere schnell, reagiere schnell. Diese Herangehensweise unterstützt die Etablierung einer Innovationskultur und schafft die Voraussetzung, rasch mit neuen Produkten auf Marktveränderungen und sich wandelnde Kundenanforderungen reagieren zu können.