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Worauf Unternehmen beim SD-WAN besonders achten sollten

Autor/Redakteur: Gregor Chroner, Director Solutions Consulting bei GTT/gg

Unternehmen stellen hohe Anforderungen an ihre Netzwerke, denn auf ihrer Performance basiert ein gutes Kundenerlebnis und die produktiven Arbeitsabläufe eines Unternehmens. Deswegen gilt es, das SD-WAN (Software-defined Wide Area Network) gut einzurichten. Dadurch erhalten Unternehmen bessere Kontrolle, höhere Transparenz und Zuverlässigkeit. Gleichzeitig automatisiert SD-WAN den Betrieb und das Management des Netzwerks, sodass Administratoren die Verwaltung rund um die Konnektivität erleichtert wird.

Grafik: GTT

Ein herkömmlich geroutetes WAN erfüllt natürlich auch seinen Zweck. Doch bietet ein SD-WAN weitere nützliche Vorteile. Unternehmen können so unabhängig voneinander mehrere Underlay-Netzwerke gleichzeitig nutzen. Hierdurch verbessern sich sowohl die Leistung als auch die Zuverlässigkeit des Netzwerks. Dies bestätigt auch der Bericht „Network Transformation in Deutschland 2021“ der Analysten von IDC. Laut ihm befindet sich das SD-WAN unter den Top-10 der wichtigen Technologiebereiche für Netzwerk-Modernisierung und -Transformation.

Für viele Unternehmen ist es das Hauptziel, die Ausfallzeiten ihres Netzwerks zu minimieren, wenn sie SD-WAN integrieren. Bei vielen Lösungen verschiedener SD-WAN-Anbieter sind diese einfach zu implementieren und es lassen sich individuelle Einstellungen vornehmen. Aber hierbei ist nicht gesichert, dass jedes SD-WAN-Design robust genug ist und die eigenmächtige Bereitstellung im Unternehmensnetzwerk wirklich fehlerfrei erfolgt. Deshalb sollten Netzwerkverantwortliche bei der Wahl des Anbieters auf unabhängige und physisch vielfältige Underlay-Netzwerke achten. Hierbei gibt es laut GTT drei häufige Fehlerquellen zu beachten, um die erfolgreiche Entwicklung und Bereitstellung eines SD-WAN-Netzwerks zu unterstützen.

  • Keine Vielfalt bei Underlays

Underlays sind sehr fehleranfällig. Auf den ersten Blick arbeiten beispielsweise dedizierte Internetdienste unabhängiger Dienstanbieter (ISPs) auf Layer 3 unterschiedlich. Doch sieht man sich das Ganze näher an, bemerkt man, dass sie möglicherweise eine gemeinsame Layer-2-Infrastruktur nutzen: Auf diese Weise könnten sie sogar mit einem gemeinsamen Gerät bereitgestellt werden und über dieselbe Glasfaser laufen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass einige Anbieter die Dienste anderer Provider in Gebieten nutzen und an Firmen zur Nutzung weiterverkaufen, in denen sie selbst über keine eigene Netzabdeckung verfügen. Hierdurch kauft ein Unternehmen vielleicht einen bestimmten Provider ein, führt sein Netzwerk aber in seiner Region über die Infrastruktur eines anderen Anbieters. Der Kauf bei verschiedenen Anbietern führt also nicht immer zu unterschiedlichen Providern. Deswegen sollten IT-Verantwortliche die WAN-Infrastruktur unbedingt auf allen Underlays der Layer 1 und 2 sowie auf Layer 3 prüfen. Eine Mischung aus verschiedenen Zugangstechnologien bestehend aus Breitband- oder Mobilfunkverbindungen zusätzlich zum Ethernet ist durchaus sinnvoll, denn sie agieren unabhängig voneinander und halten die Ausfallzeiten gering.

  • Peering zwischen ISPs ineffektiv

Es gibt Unterschiede bei den Internetanbietern. Ob ein Underlay gut bei einem SD-WAN-Netzwerk funktioniert, hängt von der Netzwerkreichweite, dem Umfang und den Peering-Vereinbarungen der Anbieter ab. Sofern machbar, sollten sich Firmen auf einen einzigen Tier-1-Provider festlegen, dessen Netz alle Standorte abdeckt. Dies sorgt für einen standortübergreifenden Traffic im Netzwerk des Anbieters und minimiert gleichzeitig Peering-Probleme. Sollten Unternehmen jedoch vorhaben, das Underlay direkt über einen lokalen Breakout (auch bekannt als Split-Tunneling) zu verwenden, ist es wichtig, dass der gewünschte Tier-1-Provider lokale Routen in schwierigen Regionen anbietet – beispielsweise im asiatisch-pazifischen Raum. Andernfalls kann dies infolge geografischer Routing-Ineffizienzen zu unverhältnismäßigen Latenzzeiten führen.

Gregor Chroner, Director Solutions Consulting bei GTT (Bild: GTT)

Bei den Standorten, die kein einzelnes Tier 1 erreichen können, sollten Unternehmen Anbieter wählen, die Kunden oder Partner des bevorzugten Tier-1-Anbieters sind. Deswegen müssen für den Datenverkehr zwischen den Standorten keine Drittanbieter-Netze verwendet werden.

  • Individuelle Regeln mit Bedacht wählen

SD-WAN bietet einen sehr detailreichen Einblick in den Datenverkehr und macht es möglich, individuelle Link-Steering- und Priorisierungsrichtlinien für die einzelnen Anwendungen einzusetzen. Durch eine zielgerichtete Implementierung kann das WAN genau auf die Unternehmensrichtlinien und -Prioritäten abgestimmt werden. Allerdings kann es bei übermäßigem Gebrauch zu komplexen Wechselwirkungen zwischen den Regeln kommen – und somit zu unerwartetem oder unerwünschtem Verhalten. Um dies zu verhindern, sollten sich Unternehmen nicht übermäßig in individuellen Einstellungen verlieren oder für jede Anwendung benutzerdefinierte Regeln erstellen. Bewährte Standardeinstellungen sorgen für eine geringere Fehleranfälligkeit und eine reibungslose Netzwerkverwaltung. Wenn individuelle Anpassungen notwendig sind, sollten diese nach und nach implementiert werden. So lassen sich Fehlerquellen schnell lokalisieren und bearbeiten.

SD-WAN erfolgreich einsetzen

Ein gut konzipiertes SD-WAN-Netzwerk kann eine außerordentliche Leistung und Zuverlässigkeit aufweisen. Um spätere Unannehmlichkeiten zu umgehen, muss die Diversität der Underlays überprüft werden. Aus diesem Grund sollten Unternehmen ISPs sorgfältig aussuchen und deren Umfang, Reichweite und Peering prüfen. Auch zu viele eigene Regeln im SD-WAN sollten von Anfang an gemieden werden: Unternehmen wird geraten, vorerst Vertrauen zum SD-WAN aufzubauen und nur notwendige Modifizierungen vorzunehmen.