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Nested Networks: Versteckte Auswirkungen auf das Risikomanagement der Lieferkette und die betriebliche Resilienz

Autor/Redakteur: Thomas Tack, Director für Nordeuropa bei Interos/gg

Die anhaltenden Krisen der letzten 15 Monate haben das Risikomanagement der Lieferkette praktisch auf den Kopf gestellt. COVID, SolarWinds, Stromausfälle in Texas, Engpässe bei Mikrochips, Staus auf Wasserstraßen, ein riesiges Frachtschiff, das seitlich im Suezkanal festsaß, und andere Vorfälle haben die Stabilität der Weltwirtschaft bedroht und Unternehmen dazu veranlasst, ihre Abhängigkeit von “Nested Networks” aufzudecken, das heißt von Zulieferergruppen, die sich der herkömmlichen Sichtbarkeit entziehen, aber für die Aufrechterhaltung des Betriebs entscheidend sind.

Bild: Interos

Um betriebliche Resilienz zu erreichen, müssen Unternehmen ihre Sichtweise auf Lieferantenbeziehungen und diese Nested Netzworks weiter überdenken. Nur durch die Visualisierung und das Verständnis dieser Verbindungen können Unternehmen schließlich Risiken in der Lieferkette besser antizipieren und quantifizieren.

Visualisierung des Nested Networks in der eigenen Lieferkette

Das primäre Supply-Chain-Netzwerk besteht meist aus direkten Geschäftsbeziehungen. Man kauft Teile, Rohmaterialien, Dienstleistungen und Software von einer Vielzahl von Anbietern – einige groß, einige klein, einige ausländisch und einige inländisch. Die meisten großen Unternehmen haben eine globale Präsenz, ob sie das wollen oder nicht. Im Nachfolgenden werden die fünf Nested Network Ebenen erklärt:

Nested Network Ebene 1: Unternehmensnetzwerk

Durch lagerbestandsoptimierten Arbeiten halten Unternehmen heute aus Kostengründen keine großen Vorräte mehr. Dies wird natürlich genau dann zum Problem, wenn beispielsweise der Hauptlieferant von Mikroprozessoren einen Brand in einer seiner Fabriken hat. Hat man in einer solchen Situation keinen Ersatzlieferanten zur Hand, ist das ein großes Produktionsproblem. Dies wäre eine Netzwerkunterbrechung der ersten Ebene, die für das Unternehmen wahrscheinlich offensichtlich ist und durch herkömmliche Methoden des Supply-Chain-Risikomanagements leicht entdeckt werden kann.

Nested Network Ebene 2: Transport

Die meisten Waren und Dienstleistungen müssen physisch vom einen an einen anderen Ort transportiert werden, um verbraucht zu werden. Ist man beispielsweise ein Modehändler in New York City und kauft seine Jeanshosen von einer Fabrik in Pakistan, hat man automatisch eine Geschäftsbeziehung mit der Suezkanalverwaltung, denn die Kleidungsstücke kommen in einen Container, der auf ein Schiff verladen wird, das durch eine Wasserstraße wie den Suezkanal fährt, bevor es in New York City entladen wird. Die See-, Luft-, Bahn- und LKW-Netzwerke der Welt sind in das eigene Geschäft eingebettet, ohne dass man es direkt wahrnimmt. Man könnte meinen, dass das Transport- und Logistiknetzwerk auch offensichtlich und leicht zu quantifizieren und zu visualisieren ist.

Nested Network Ebene 3: Geld

Um sich diese Jeanshosen schicken zu lassen, musste der New Yorker Händler wahrscheinlich jemanden bezahlen. Geld musste den Besitzer wechseln, und da es unwahrscheinlich ist, dass der Händler alle seine Lieferanten bar an der Laderampe bezahlen, ist er auf ein weiteres verschachteltes Netzwerk angewiesen: Geld.

Geldbewegungen sind manchmal undurchsichtig und schwer zu verstehen. Wie genau kommt das Geld vom eigenen Konto bei der Hausbank auf der anderen Seite der Welt auf das Konto eines anderen Unternehmens, und zwar auf verifizierbare und vertrauenswürdige Weise? Über Nested Networks. Zu diesen gehören Routingsysteme wie Fed Wire, CHIPS, ATM, ACH, SWIFT und sogar Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und viele andere. Aber es geschieht Betrug über ACH-Netzwerke und ATM-Netzwerke können ausfallen. Dies geschieht nicht oft, aber es passiert und Unternehmen brauchen Ansätze für das Risikomanagement der Lieferkette, die solche unwahrscheinlichen, aber schwerwiegenden Eventualitäten vorhersehen können.