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Künstliche Nasen erschnüffeln Gase

Autor/Redakteur: Martin Farjah/gg

In vielen Umgebungen ist die Messung und Auswertung von Gasen essenziell. Der Düsseldorfer Unitronic GmbH ist es gelungen, mit einer neuen Art „künstlicher Nase“ das Verfahren zu vereinfachen und die Kosten zu reduzieren. Das Sensormodul USM-VGSA (Virtueller Multifunktionaler Gas-Sensorarray) ist in der Lage, mit einem einzigen herkömmlichen Metalloxidsensor eine Vielzahl organischer und anorganischer Verbindungen selektiv zu erkennen. Damit lassen sich die Kosten für die Analyse von Luftbestandteilen deutlich reduzieren.

Gasförmig ist neben fest und flüssig einer der drei klassischen Aggregatzustände. Bekannte Gase sind Sauerstoff, Helium, Wasserstoff oder Propan – um nur einige zu nennen. Daneben gibt es aber auch komplexe Gasgemische, wie Zigarettenrauch, Alkoholdämpfe oder unterschiedliche Gase, die bei Bränden entstehen. Im Gefahrenfall erfordert jedes Gas eine spezielle Reaktion, damit der Schaden in Grenzen gehalten wird. So müssen bei einem Brand die Fenster fest geschlossen werden, um dem Feuer durch Sauerstoff keine zusätzliche Nahrung zu geben. Aus Gasleitungen austretendes Gas erfordert als Sofortmaßname dagegen, alle Fenster möglichst weit zu öffnen, um das ausströmende Gas zu neutralisieren.

Für die Messung und Auswertung der jeweiligen Gase sorgen Gassensoren. Hierbei handelt es sich einerseits um leistungsfähige Bauelemente, die ihre Aufgaben schnell und sicher erfüllen. Gleichzeitig sind es aber auch extrem komplexe Komponenten. Oft erreichen diese erst durch aufwendigere Beschaltungen ihr wahres Leistungspotenzial. Bekannte Konzepte verwenden beispielsweise sogenannte Sensor-Arrays, die bei Messungen gleichzeitig eingesetzt werden. Dabei generiert jeder Sensor für alle Gase einen individuellen Messwert. Diese verschiedenen Messwerte erzeugen somit einen charakteristischen Gasabdruck für die jeweilige Gasart. Auf diese Weise entstehen einzigartige Muster für die unterschiedlichsten Gastypen. Ähnlich einer Fingerabdruckkartei lassen sich diese Werte in einer Bibliothek hinterlegen und bei Bedarf auf Übereinstimmung vergleichen.

Der Nachteil an dieser physikalischen Array-Technologie: Die einzelnen Sensoren reagieren unterschiedlich auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Gaskonzentration sowie deren Langzeitdriftverhalten. Daraus resultieren nicht selten Verfälschungen, weshalb Sensor-Arrays häufig neu kalibriert werden müssen. Der Wartungsaufwand und die Kosten dafür sind hoch. Hinzu kommt noch gegebenenfalls der beachtliche Stromverbrauch dieser Mehrfachsensorsysteme.

Virtuelles Sensor-Array

Für das Entwicklerteam der Unitronic stand daher fest, dass man dem herkömmlichen Verfahren eine modernere Alternative entgegensetzen sollte. „Das „virtuelle multifunktionale Gassensor-Array“ (VGSA) verwendet lediglich einen einzigen, kostengünstigen Miniatur-Gassensor auf Basis eines oxidischen Halbleiters, der mithilfe einer innovativen Auswertung die verschiedenen Gase voneinander unterscheiden kann“, beschreibt Abteilungsleiter Eduard Schäfer die Methode. Im Vergleich zu den bislang verwendeten physikalischen Sensor-Arrays biete das Messmodul eine extrem hohe Stabilität im Dauereinsatz. Ein weiteres Argument für den Sensor ist der wesentlich günstigere Preis. Die Art des Gases ermittelt der Sensor anhand der gasinduzierten Verzerrung periodischer Temperatursprünge. So haben Halbleitersensoren die Eigenschaft, bei Temperaturschwankungen unterschiedlich empfindlich auf Gase zu reagieren. Um die Messgenauigkeit zu steigern, verwendet der USM-VGSA eine intelligente Temperierung, da es für jedes Gas eine bestmögliche Temperaturumgebung gibt, die optimale Messergebnisse liefert. Zusätzlich zu der Temperaturmodulation wertet das Modul die komplexe Leitfähigkeit (Impedanz) des Sensors aus, die ein Gas hervorruft. Allgemein üblich war bei der Signalverarbeitung bisher lediglich die Auswertung des ohmschen Widerstandes eines Sensors.