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Artikel-Ranking: In Echtzeit auf die Leser reagieren

Autor/Redakteur: Adrien Günther, Regional Director DACH & CEE bei AT Internet/gg

Die Medienbranche sieht sich seit einigen Jahren schwierigen Herausforderungen gegenübergestellt. Wurde die digitale Transformation noch gut gemeistert und den Konsumenten ein solides Online-Angebot zur Verfügung gestellt, arbeiten Medienunternehmen jetzt daran, ihre Online-Inhalte zu monetarisieren. Hierfür sollten sie sich auf das veränderte Kundenverhalten einstellen. Denn User erwarten nicht nur ein allgemeines Angebot, dass für eine große Zielgruppe interessant ist, sondern Inhalte, die auf ihre persönlichen Interessen zugeschnitten sind.

Die Branche setzt deshalb mehr und mehr auf Analytics, um zu erfahren, welche Angebote die Besucher ansprechen, ihr Engagement auf der Website und somit auch die Kundenbindung zu steigern. Denn umso zufriedener die Leser sind, desto eher sind sie bereit, wiederzukommen und sich auf ein Paid-Content-Modell einzulassen. Außerdem fördern steigende Leserzahlen die Werbeinnahmen. Dieser Beitrag erklärt die Vorteile der Integration einer Analytics-Lösung und zeigt, welche Veränderungen Unternehmen im Markt beachten müssen, um ihre Kunden erfolgreich zu binden.

  • Artikel in Echtzeit analysieren und anpassen: Die meisten Verlage denken erst an die Integration eines Analytics-Tools, wenn die Website bereits online ist. Doch eine ausgiebige Bedarfsanalyse sollten sie bereits während des Website-Designs vornehmen. Dazu müssen sie den Traffic auf Ihrer Website mehrere Tage lang beobachten und sich auf die grundlegenden Fragen konzentrieren. Diese lauten: Über welchen Weg kommen die Nutzer auf das Medienangebot? Welche Artikel und Themenbereiche sind besonders beliebt? Wie lange bleiben die Besucher und wann beziehungsweise warum verlassen sie die Website wieder? Die hieraus gewonnenen Daten werden anschließend über das Analytics-Tool aufbereitet, um die wichtigsten Erkenntnisse in einer Übersicht parat zu haben.
    Individuelle Dashboards vereinfachen zum Beispiel die Informationen aus der Webanalyse, indem sie nur die für den Adressaten relevanten Daten visualisieren und wenn gewünscht nutzungsfertig in das Postfach exportiert werden können. Das ist beispielsweise für Redakteure interessant, denn sie bekommen alle für sie wichtigen KPIs (Key Performance Indicators) auf einen Blick. So erkennen sie sofort, wie erfolgreich ihre Artikel bei den Lesern ankommen. Ziehen die Headlines der Artikel die Nutzer an? Lesen sie den gesamten Beitrag? Klicken sie auf vorgeschlagene, weiterführende Links? Oder verlassen Sie die Website komplett? Diese Daten aktualisieren sich bei Bedarf selbst und können über einen zentralen Monitor in der Redaktion angezeigt werden. Das wird immer wichtiger, denn der Kampf um die Leser ist noch unmittelbarer geworden. Artikel werden mittlerweile auf Stunden- oder Minutenbasis bewertet.
    Wie detailliert eine Analyse werden kann, zeigt beispielsweise ein Scoring-Modell für Artikel, das Redakteuren Kennzahlen für deren Erfolg an die Hand gibt. Hierbei werden historische Daten analysiert, um die Schlüsselwerte herauszuarbeiten, die Bestandteil des Scoring-Modells sein sollen. Ein Browser-Widget zeigt die Kennzahlen pro Artikel unter Einbeziehung des Scoring-Modells genau dort, wo es benötigt wird: auf Artikelebene in der Website oder im Content Management System. Das bedeutet aber auch, dass es für den Umgang mit den Dashboards wichtig ist, dass neben den Redakteuren auch die SEO-, Social Media- und Sales-Teams sowie die Entwickler geschult werden.
  • Paywalls – Analyse des Nutzerverhaltens führt zu gewinnbringendem Modell: Über die Website-Analyse lernen die Unternehmen ihre Nutzer besser kennen und können ihre Interessen herausfinden. Mit den Informationen über das Nutzerverhalten haben sie die Möglichkeit, ihren Online-Auftritt als Verkaufskanal auszubauen. Das ist sowohl interessant für ehemalige Printmedien, die ihre Einnahmen bislang nicht von Print auf Online übertragen konnten, als auch für jegliche Online-Medien: Sie alle kämpfen um Einnahmen, um ihre Mitarbeiter zu bezahlen. Die Mehrzahl der Leser greift noch immer kostenlos auf mediale Inhalte zu. Allerdings findet hier mehr und mehr ein Umdenken statt.
    Deswegen ergibt es Sinn, mit verschiedenen Abonnement-Modellen zu experimentieren, um so herauszufinden, ob und wie viel Ihre Nutzer bereit sind, zu bezahlen. Außerdem gilt es zu untersuchen, bis zu welchem Grad Unternehmen ihr Angebot hinter einer Paywall zurückhalten können, ohne Kunden zu verlieren. Hier variieren die Möglichkeiten von einer totalen Bezahlschranke, die das gesamte Angebot kostenpflichtig macht, über kostenlose Online-Inhalte versus bezahlpflichtiger Print-Inhalte bis zu einer befristeten Anzahl kostenloser Artikel – danach wird zu Kasse gebeten. Manche Medien ermuntern ihre Leser dazu, ihrer Website in den sozialen Medien zu folgen oder den AdBlocker zu deaktivieren, um weiterlesen zu können.
    Für welche Option man sich auch entscheidet: Je interessanter das Angebot für die Nutzer ist, desto positiver wirkt sich das auf Ihre Einnahmen aus. Viele Unternehmen stehen vor der Qual der Wahl, die für sie beste Paywall zu finden. Analytics hilft ihnen dabei, individuelle Testings für die Bezahlschranken und unterschiedlichen Besuchergruppen aufzusetzen. Denn Erstbesucher, die mittags ihre Artikel via Smartphone abrufen, sind ein anderes Kundensegment als wiederkehrende Desktop-Leser, die sich abends über das Paywall-Angebot informieren und mit dem Gedanken spielen, zu bezahlen. Hier setzt Analytics an und leistet die Vorarbeit für effiziente Tests.
  • Das mobile Verhalten ist anders: Verlage sollten unbedingt auch den Erfolg ihrer Zeitungs-App analysieren, denn dieser Dienst wird von Usern immer anders aufgenommen als die Desktop-Version. Unterwegs werden andere Artikel gelesen, je nach Aufenthaltsort verweilen die App-User länger oder kürzer bei den Artikeln. Denn im Zug ist oft mehr Zeit, den Artikel wirklich bis zum Schluss zu lesen. Hingegen werden News eventuell noch schneller überflogen, als morgens am Laptop zum Kaffee. Abgesehen davon, wir die journalistischen Inhalte mobile ankommen, können die zuständigen Mitarbeiter sich auch ein Bild von der Verbreitung Ihrer App an sich machen: In der Phase der Nutzerakquise ist die Zahl der Downloads zwar eine sehr beliebte Messgröße, doch viel aufschlussreicher als Downloads sind Bewertungen, Kommentare und Rankings, die als Indikatoren für die virale Verbreitung Ihrer App gelten.
    Außerdem erfassen die App-Analyse-Funktionen von Analytics-Anbietern die Verhaltensunterschiede zwischen neuen und wiederkehrenden Lesern. In diesem Zusammenhang ergibt es Sinn, die wichtigsten KPIs dieser beiden Gruppen zu vergleichen, denn die Erstellung von Kundensegmenten ist unerlässlich für den Aufbau einer Treuestrategie. Die App-Analyse verrät zusätzlich die Häufigkeit der einfachen und wiederholten Nutzung sowie die Session-Länge. Darüber hinaus sollten die Verantwortlichen auch ermitteln, welche Nutzer über Marketingkampagnen zur App gelangt sind.
  • Liken und teilen – die Vorteile der sozialen Medien: Unternehmen sollten darüber hinaus im Auge behalten, welche Artikel ihre Leser in den sozialen Medien weitergeben. Laut einer aktuellen Studie (http://t3n.de/news/surf-verhalten-2015-social-shares-infografik-666387) teilen bereits 38 Prozent der Leser Inhalte über ihr mobiles Endgerät, die Zeitung am Desktop-Rechner verleitet sogar 62 Prozent zum Sharing. Je mehr Beachtung Verlage bei Facebook und Co. erhalten, desto mehr User finden den Weg zu ihrem Angebot. Außerdem erfahren sie über gezielte Analyse-Maßnahmen, welche Inhalte am häufigsten geteilt werden und sehen sich deren Struktur an. Es ist sinnvoll, zukünftige Beiträge nach demselben Muster aufzubauen und auch das Feedback in den Kommentaren zu beachten. Oftmals finden sich dort Ideen, wie sich die Kundenansprache noch attraktiver gestalten lässt. Die zuständigen Mitarbeiter sollten die direkte Resonanz nutzen, um die größte Anzahl an Nutzern anzusprechen.
    Die Medienbranche hat bereits einen großen Reifeprozess hinter sich. Viele Bereiche wie Website, Apps, Video, Social Media und Kampagnen werden kontinuierlich gemessen. Dennoch müssen Medien weiter nach Möglichkeiten suchen, die Einnahmeverluste aus der Umstellung von Print auf Online aufzuholen: Der Leser ist durch kostenlose Online-Inhalte verwöhnt und muss an bezahlten Content erst Schritt für Schritt herangeführt werden. Der Einsatz von Analytics-Lösungen ist das Mittel der Wahl um herauszufinden, an welchem Punkt die Akzeptanz für Paid Content ist.