Trends für 2023 in Monitoring und IT
Autor: Thomas Timmermann, Senior Market Expert bei der Paessler AG
Um den Jahreswechsel herum ist es vielerorts üblich, die Entwicklungen der letzten Monate Revue passieren zu lassen und Spekulationen darüber anzustellen, wie die Entwicklung wohl im nächsten Jahr weitergehen wird. Dabei stehen Fragen wie “Welche Themen sind im Moment besonders wichtig?”, “Was ist aus den Trends der letzten Jahre geworden?” und “Was haben wir in naher Zukunft zu erwarten?” im Mittelpunkt. Ich habe, als “Market Expert”, der bei einem Monitoring-Unternehmen tätig ist, einen besonderen Einblick in die Trends, die einen direkten Bezug auf das IT-Monitoring haben.
Sicherheit: PAM
Sicherheit war immer schon Thema und wird immer Thema sein. Natürlich auch in 2023. Allerdings hat 2022 kein so schlagzeilenträchtiger Hack wie 2020 die Sunburst-Attacke auf Solarwinds oder 2021 die Ransomware-Attacke auf Kaseya stattgefunden – oder das Level für schlagzeilenrelevante Hacks hat sich wieder einmal nach oben verschoben. Sprich, Sicherheit ist nach wie vor eines der zentralen Themen der IT, aber nicht wirklich ein Trend.
Wenn wir von Trends im Bereich Sicherheit sprechen wollen, dann scheint derzeit PAM angesagt: Privileged Access Management. Dabei geht es vorrangig um den Schutz von privilegierten Zugangsrechten, sprich Administratoren und „Super-Nutzern“, die erweiterten Zugriff auf Systeme und Applikationen benötigen. Hier reicht es in der Regel nicht, entsprechende Rollen zu vergeben und mit Passwörtern zu versehen. Es müssen erweiterte Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden wie zum Beispiel das Monitoring des Nutzerverhaltens, gesicherte Passwort-Generierung, -Rotation und -Updates oder die Trennung von Nutzer und Passwort, um auch im Fall von erfolgreichen Phishing-Attacken nicht das gesamte System unkontrolliertem Zugriff auszusetzen. Eine wichtige Anforderung an zeitgemäße PAM-Systeme ist es, sicheren Zugriff zu gewährleisten, ohne unnötige Hürden zu schaffen und Prozesse zu beeinträchtigen.
IT-Monitoring spielt beim Thema PAM eine doppelte Rolle: Zum einen benötigen Monitoring-Tools Zugriff zu vielen kritischen Bereichen, das heißt, dass ein umfassendes PAM-Konzept auch Monitoring-Tools einschließen muss. Auf der anderen Seite kann Monitoring PAM-Lösungen ergänzen und überwachen, indem es ungewöhnliches Verhalten im Netzwerk entdeckt, aber auch ganz konkret das Funktionieren der PAM-Lösung in das Monitoring integriert. Voraussetzung sind dabei entsprechende Schnittstellen auf beiden Seiten, sowohl bei der Monitoring- als auch bei der PAM-Lösung, die eine technische Integration erst möglich machen.
Strom sparen im Rechenzentrum
Rechenzentren gehören zu den größten Stromverbrauchern überhaupt. Schon das Streamen eines Films bei Netflix verursacht bei manchen Menschen ein schlechtes Gewissen angesichts des erschreckend hohen Energieaufwands. Natürlich ist das nicht erst jetzt zum Thema geworden, aber die Klimakrise verlangt seit Jahren und immer drängender nach verantwortungsvollem Handeln, und der Krieg in der Ukraine hat die Energiekosten 2022 in schwindelerregende Höhen getrieben. Strom und allgemein Ressourcen sparen kann ganz sicher als Trend für 2023 gelten. Dabei geht es in der IT beziehungsweise im Rechenzentrum nicht einfach nur um Stromsparen, sondern um ein umfassendes und durchdachtes Gesamtkonzept. Erleidet beispielsweise ein Gerät einen Defekt aufgrund zu hoher Temperaturen, ergibt das möglicherweise eine schlechtere Energie- beziehungsweise Kostenbilanz als Kühlmaßnahmen zur Verhinderung des Defekts. Bereits leicht erhöhte Betriebstemperaturen können einen deutlich erhöhten Verschleiß bei vielen Geräten bewirken. Andererseits verbraucht eine zu starke Kühlung sehr viel Energie beziehungsweise Kosten; unter Umständen mehr, als ein leicht erhöhter Verschleiß an Folgen hätte.
Um die richtige Balance zu finden, ist ein umfassendes Monitoring notwendig. Zwar gibt es dedizierte DCIM-Lösungen (Datacenter Infrastructure Management), jedoch sind diese relativ komplex und schwerfällig. Ein zusätzliches Monitoring mit einer geeigneten Lösung kann im täglichen Betrieb Störungen frühzeitig erkennen und so kurzfristig Ausfällen vorbeugen und unnötigen Ressourcenverbrauch vermeiden. Allerdings muss die eingesetzte Monitoring-Lösung dazu die entsprechenden Protokolle und Methoden wie etwa Modbus oder MQTT beherrschen, um die im Rechenzentrum eingesetzte Gebäudetechnik in das Monitoring einbeziehen zu können.
Kaufen oder kooperieren?
Karl Marx hat die Konzentrationstheorie in dem prägnanten Satz „Kapital konzentriert sich“ zusammengefasst. Ich will hier um Himmels willen keinen ideologischen Diskurs vom Zaun brechen, aber wenn man den IT-Markt über Jahre beobachtet, kann man immer wieder feststellen, dass große Fische gern kleine Fische schlucken, um weiter zu wachsen. Allerdings habe ich in den letzten Jahren das Gefühl, dass das Tempo der Konzentration etwas nachgelassen hat. Offensichtlich bilden Covid, Krieg und Erderwärmung nicht das ideale Klima für größere Investitionen.
Nichtsdestotrotz sind die Tage der Einzelkämpfer gezählt: Keine IT-Lösung kann auf Dauer isoliert bestehen. Eine API ist heute selbstverständlich, die Integration mit anderen Tools und Systemen unabdingbar; wenn nicht mit einer zugekauften Lösung, dann halt durch Integration mit der Lösung eines anderen Unternehmens – idealerweise im Rahmen einer Partnerschaft oder gleich eines Partnernetzwerks. Vielleicht ist das ja auch mehr als nur eine valide Alternative, wenn sich Unternehmen auf ihre Kernkompetenz fokussieren und sich, statt auf sämtlichen Hochzeiten zu tanzen, auf die nachgewiesene Expertise anderer Unternehmen verlassen. Das Feedback, das ich in den letzten Jahren auf unsere Vernetzung mit zahlreichen anderen Unternehmen von Analysten und Journalisten bekommen habe, bestätigt mein Gefühl ebenso wie die zahlreichen Kooperationsanfragen: Es gibt einen gewissen Trend zu Allianzen und Kooperationen in der IT.