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Mobility-Trends: Über die Schwelle zum App-Entwicklungsland

Autor/Redakteur: Dr. Jürgen Krämer, Senior Vice President Product Management & Marketing bei der Software AG/gg

Dr. Jürgen Krämer, SVP Product Management & Marketing bei der Software AG, über die Technologie- und Sicherheitsanforderungen neuer Mobility-Konzepte (Quelle: Laackmann Fotostudios Marburg)

Der Mobilfunk bietet Schwellenländern die Chance, sich rasch zu digitalisieren. Erfolgreiche Onlinedienste dieses riesigen und experimentierfreudigen Marktes liefern Unternehmen in den Industrienationen wertvolle Erkenntnisse, um mit neuen Apps Kunden zu erreichen. Dieser Beitrag zeigt, warum dies nur mit Echtzeit-Datenanalyse, anpassungsfähigem Backend und einem zentralen Repository funktionieren wird.

Afrikanische Staaten sind beim Online-Banking und im mobilen Zahlungsverkehr top. Dafür sorgen 500 Millionen Nutzer, die überwiegend ihr Handy oder Smartphone in die Hand nehmen, um Geld zu überweisen. Insbesondere der Landbevölkerung hilft dieser Service, weil für sie eine Bankfiliale oft nur schwer zu erreichen ist.

Noch einen Schritt weiter ging der Mobilfunkkonzern Safaricom, der ein mobiles Bezahlsystem etabliert hat, für das die Nutzer noch nicht einmal ein Bankkonto benötigen. Es heißt M-Pesa. 25 Millionen Kenianer nutzen es, um Bargeld an Verwandte zu transferieren, Stromrechnungen, Bustickets oder Uber-Taxis zu bezahlen. Außerdem bieten Banken in Zusammenarbeit mit Mobilfunk-Unternehmen innovative Services an. Dazu zählen Mikrokredite, die ein Kunde beispielsweise über das deutsche Start-up Awamo einfach via Smartphone beantragen und sich auszahlen lassen kann. Innovative Mobilservices erleichtern Nutzern den Alltag auf vielfältige Weise. So hilft ein Text-Message-Dienst Müttern in Tansania, eine bessere Gesundheitsfürsorge für ihre Kinder zu betreiben. Oder in Nigeria geben Lehrer über PreClass Schülern Nachhilfe.

Mobilfunk als einzige Festnetzalternative

Betrachtet man die Beispiele, wie Online- und Mobiltechnologie außerhalb der Industrienationen Fuß fasst, stellt sich die Frage: Überspringen Schwellenländer einfach Entwicklungsstufen, um über Mobilfunk die Digitalisierung voranzutreiben? Ja, vor allem Afrika digitalisiert sich auf diesem Weg rasant. Im Jahr 2000 hatten in Afrika gerade einmal zwei Prozent der Bevölkerung Festnetztelefone – ein Privileg, das denjenigen vorbehalten war, die es sich leisten konnten.

Generell ist es in Schwellenländern wegen der großen Distanzen und der fehlenden finanziellen Mittel kaum möglich, eine drahtgebundene Kommunikationsinfrastruktur aufzubauen. Die International Telecommunication Union (ITU) hat beispielsweise errechnet, dass in den meisten dieser Länder Festnetzdienste deutlich teurer sind als Mobilservices. Während für Festnetzservices fünf Prozent oder mehr des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens aufgewendet werden müssen, sind es bei Mobildiensten zwischen einem und vier Prozent. Somit stellt sich vielen Einwohnern von Schwellenländern schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht die Frage, ob sie das Festnetz oder Mobilfunknetz nutzen sollten. Im Gegensatz dazu verbreiten sich Mobilfunkdienste als kostengünstige und einfach zugängliche Alternative. Jedoch setzt der Mobilfunk eine Basis-Infrastruktur voraus, die nicht überall existiert.

Markt für mobile Endgeräte in Bewegung

Smartphones und Internet werden in Schwellenländern allerdings noch weniger genutzt als in der westlichen Welt, belegen Daten des Marktforschungsunternehmens Pew Research Center. Demnach besaßen 2015 an die 68 Prozent der Erwachsenen in den arrivierten Wirtschaftsräumen ein Smartphone. Rund 87 Prozent hatten Zugang zum Internet. In den Schwellenländern machen die Smartphonebesitzer 37 Prozent aus und 54 Prozent kamen ins Internet. Den Durchschnitt drückten Südasien und Afrika. Beispielsweise haben in Uganda oder Äthiopien nur vier Prozent der Bevölkerung ein Smartphone.

Sozusagen den Gegenpol bildet Südafrika. So hat die Mobile Marketing Association Südafrika (MMASA) im April 2016 ermittelt, dass 96 Prozent der südafrikanischen Bevölkerung bereits Handy-Nutzer sind. Auch in Nigeria, Senegal, Kenia und Ghana nutzen viele Smartphones, Handys und Tablets, um Bankgeschäfte zu erledigen, online einzukaufen oder auf solchen Systemen vertrauliche Daten zu speichern.