Innovator NLP?
Autor/Redakteur: Enrico Abate-Daga, Circle Lead Analytics and Digital Process Automation von Skaylink/gg
Das Internet ist voll von Kundenfeedback, aus dem mit einer gezielten Analyse konkreten Handlungsempfehlungen für Unternehmen werden. Natural Language Processing (NLP) ist mittlerweile so weit, dass es diese Analysen fahren kann – mit dem richtigen Training.
Der Erfindergeist in Deutschland lahmt, heißt es vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). Deutsche Erfinder meldeten 2022 fast fünf Prozent weniger Patente an. Und das, obwohl die Forschungsausgaben auf einem Rekordhoch sind. Und auch das Europäische Patentamt in München habe gut zu tun. 2,5 Prozent mehr Erfindungen wurden im vergangenen Jahr eingereicht – nur eben aus anderen Ländern. Das IW macht fehlenden Fachkräfte für den Trend verantwortlich, verweist aber auch auf zu wenig Innovationen in zukunftsweisenden Bereichen.
Es gibt viele Ansätze, wie die Innovationsfähigkeit im Land erhöht werden könnte. Für Unternehmen ist dabei vor allem wichtig, Themen und Trends herauszufiltern, die für den eigenen Geschäftserfolg in Zukunft von Bedeutung sind und für die passende Produkte und Dienstleistungen entwickelt werden können. Klassischerweise wurden dafür bisher sogenannte Trendscouts losgeschickt. Mittlerweile kann dieser Job aber auch von einer KI übernommen werden.
Sentimentanalyse für mehr Innovation
Gemeint ist das Natural Language Processing dessen Hauptanwendung die Sentiment-Analyse ist. Durch die Verarbeitung großer Mengen von Kundenbewertungen, Feedback und Social-Media-Beiträgen kann NLP bestimmen, ob Kunden positiv, neutral oder negativ über ein Unternehmen oder Produkt sprechen. Und daraus lässt sich weit mehr ablesen, also die reine Kundenzufriedenheit. Die Sentiment-Analyse liefert wertvolle Einblicke in die emotionalen Reaktionen der Kunden in Bezug auf ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Marke. Dieses tiefergehende Verständnis der Stimmungslage ermöglicht es Unternehmen, nicht nur oberflächliche Meinungen, sondern die zugrunde liegenden Gefühle und Einstellungen zu erfassen. Indem Unternehmen diese Informationen nutzen, können sie ihre Geschäftsstrategien flexibel anpassen, um aufkommende Bedenken gezielt zu adressieren und positive Rückmeldungen als starke Basis für weiteres Wachstum zu nutzen.
Dieser aktive und datengestützte Ansatz stellt sicher, dass Unternehmen einen klaren Einblick in die Präferenzen und Erwartungen ihrer Kunden erhalten. Die Fähigkeit, das Sentiment der Kunden zu verstehen und angemessen zu reagieren, eröffnet einen wertvollen Raum für kontinuierliche Verbesserungen und eine stärkere Kundenbindung. Unternehmen können auf eine authentische Weise auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und somit langfristige Beziehungen aufbauen, die auf Vertrauen und gegenseitigem Verständnis beruhen.
KI nur so gut wie die Trainingsdaten
Dabei ist klar, dass die Ergebnisse der KI immer nur so gut sind, wie die Trainingsdaten, die zur Verfügung stehen. Und hier hat die menschliche Sprache mit ihren nicht-logischen Mustern und subjektiven Nuancen die KI bisher vor Herausforderungen gestellt. Mittlerweile ist NLP jedoch so weit, menschliche Sprache nicht nur zu analysieren und zu verarbeiten, sondern daraus im Fall eines konkreten, beispielsweise als Freitext verfassten Kundenfeedbacks sogar explizite Handlungsempfehlungen für Unternehmen abzuleiten. Die Stärken von NLP sind dabei vielfältig: Die Technologie kann sowohl die Stimmung zu einem Produkt oder ein für ein Unternehmen wichtiges aufkeimendes neues Thema herausfiltern, automatisierte Feedbackanalysen fahren oder sogar für personalisierte Kundeninteraktionen eingesetzt werden. Stichwort: negative Bewertungen. Und mit der fortschreitenden Evolution der Künstlichen Intelligenz werden sich die Anwendungsgebiete des Natural Language Processing weiter ausdehnen und den Unternehmen ein noch umfassenderes Spektrum an Möglichkeiten eröffnen.
Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von NLP als Hilfsmittel im Umgang mit Kundenfeedback sind die methodischen Lernansätze, mit der die KI trainiert wird. Die manuelle Auswertung von Kundenbewertungen zeigt die Herausforderungen auf. Da ist zum einen die schiere Menge, die es zu verarbeiten gilt – etwas, wofür KI natürlich prädestiniert ist. Hinzu kommt allerdings die subjektive Sprachwahrnehmung. Legt man verschiedenen Personen denselben Text vor, wird er in der Regel immer etwas anders interpretiert. Auch hier kann die Maschine mit ihrer systematischen, zuverlässigen Einschätzung einen großen Mehrwert liefern – mit dem richtigen Lernansatz. Unsere Erfahrung zeigt beispielsweise, dass es äußerst sinnvoll ist, KI-Modelle ausschließlich mit Textdaten zu trainieren, die von mindestens drei Fachexperten einheitlich bewertet wurden. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die KI präzise und vor allem qualifizierte Resultate liefert und die analysierten Informationen zuverlässig die höchste Relevanz haben.
Die richtige Datenerfassung
Für die Auswertungsqualität sind dann die Methoden zur Datenerfassung, Analyse und anschließenden Interpretation entscheidend. Projekte, bei denen umfangreiche Datensätze zum Einsatz kommen und für die eine KI so trainiert werden muss, dass sie wertvolle Erkenntnisse aus eben diesen Daten ziehen kann, sind anspruchsvoll und haben einen entsprechenden Ressourcenaufwand. Dabei kann die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und IT-Dienstleister durchaus komplex sein – insbesondere, wenn größere Datenmengen zur Verfügung gestellt werden müssen, für die die DSGVO greift. Hier müssen Unternehmen und Drittanbieter eine individuelle Lösung finden, entweder über eine direkte Schnittstelle oder einen regelmäßig anders gestalteten Datentransfer.
Ein gangbarer Weg ist beispielsweise, dass die KI die Texte in kleinere Fragmente unterteilt, um leichter zwischen unterschiedlichen Themen und Sentiments zu unterscheiden. Diese Fragmente werden dann nach im Vorfeld definierte Keywords und Themen analysiert, wofür sie DSGVO-konform anonymisiert werden. Der Kunde bestimmt dabei die Abstände, in denen neue Suchen durch die KI angestoßen werden. Gibt es neue Themen oder Keywords, werden die durch das Projektteam noch einmal bestätigt, um die Relevanz für die gesteckten Ziele sicherzustellen.
Verborgenes wirtschaftliches Potenzial
In Freitexten, Kommentaren und Bewertungen von Kunden verbirgt sich also ein enormer Datenschatz, der mithilfe von NLP nach und nach gehoben werden kann. Klar muss dabei sein, dass damit immer ein Initialaufwand verbunden ist, zu dem nicht nur ein durchdachtes Training mit echten Daten gehört. Auch die Zusammenarbeit zwischen IT-Dienstleister und Projektverantwortlichen auf Unternehmensseite muss ebenso klar geregelt sein, wie die Datenschnittstellen und der datenschutzkonforme Austausch. Auch deshalb ist es wichtig, bei solch komplexen, jedoch zukunftsweisenden Projekte auf einen versierten Dienstleister zu setzen. Am Ende eines solchen Projekts stehen im Gegenzug wertvolle Einblicke, die das Tor zu einem besseren Kundenverständnis und gezielteren strategischen Unternehmensentscheidungen öffnen und damit Raum für neue Innovationen schaffen. Es ist ein dynamisches Zusammenspiel zwischen fortschrittlicher NLP-Technologie und kompetenter Beratung, die diese vorhandenen, aber bisher nur schwer zugänglichen Daten erschließt – und die könnten in Zukunft der entscheidende Wettbewerbsvorteil sein.