Edge Computing – Der Netzwerkrand rückt in den Fokus
Autor/Redakteur: Wolfgang Kaufmann, CEO Datacenter One/gg
Innovative Technologien wie das Internet der Dinge (IoT) oder Smart Cities treiben die Digitalisierung voran. Damit produzieren sowohl Unternehmen als auch Verbraucher immer mehr Daten, die gespeichert und verarbeitet werden müssen. Laut Prognose wird die weltweite Datenmenge bis 2025 auf mehr als 180 Zettabyte ansteigen. Ein Aspekt wird in diesem Zusammenhang zunehmend wichtig: Die Verarbeitung der Daten vor Ort beziehungsweise dezentral am Rande des Netzwerks. Wenn zum Beispiel autonome Fahrzeuge miteinander kommunizieren oder eine Fabrik die Abnutzung ihrer Anlagen verfolgt, um vorbeugende Wartungsarbeiten zu einem bestmöglichen Zeitpunkt zu planen, dann muss die Verfügbarkeit der Daten uneingeschränkt gewährleistet sein und diese müssen möglichst schnell verarbeitet werden können. Dies erfordert eine stärkere Dezentralisierung von Rechenzentren, auch abseits der Ballungsräume.
Edge Computing: dezentral, schnell und sicher
Edge Computing bedeutet, dass Daten am Rande des Netzwerks beziehungsweise am physischen Standort der Nutzenden verarbeitet werden. IT-Ressourcen werden also weder in einem entfernten Rechenzentrum noch in der Cloud zur Verfügung gestellt. Der Vorteil: eine geringere Latenz, also eine Antwortzeit, die nur wenige Millisekunden beträgt. Am Beispiel des autonomen Fahrzeugs bedeutet dies, dass die Daten in einem Edge-Rechenzentrum vor Ort verarbeitet werden, anstatt hunderte Kilometer entfernt. Denn bei innovativen Technologien wie im Fall von selbst fahrenden Autos kann bereits der Zeitraum eines Augenzwinkerns entscheidend für die Sicherheit der Insassen sein.
Die dezentrale Datenverarbeitung hat neben der Schnelligkeit noch weitere Vorteile: Da Edge-Rechenzentren auf modernen und innovativen Technologien basieren, garantieren sie Zuverlässigkeit und eine hohe Leistungsfähigkeit. Zudem sind sie skalierbar und können je nach Kapazitätsbedarf schnell angepasst werden.
Für jeden Bedarf das Passende
Edge-Rechenzentren können ganz unterschiedlich gestaltet sein – von einzelnen Servern über Racks bis hin zu ganzen Rechenzentrumsbereichen. Dabei lassen sie sich in drei verschiedene Kategorien einteilen:
- Legacy-Edge Computing: Die Daten werden lokal in den Räumlichkeiten des Unternehmens verarbeitet. Diese Rechenzentren sind klein und bestehen meist nur aus wenigen einzelnen Servern.
- Geografisches Edge Computing: Hierbei handelt es sich um Content-Delivery-Netze und Cloud-Dienste, die überwiegend in Colocation-Rechenzentren gehostet werden.
- Dynamisches Edge Computing: Diese Kategorie umfasst in erster Linie IoT- oder Streaming-Dienste. Dynamische Edge-Geräte verfügen in der Regel nur über eine mobile Internetverbindung und sind daher auf geeignete Datenverbindungen angewiesen.
Augenmerk auf Sicherheit
Besonderes Augenmerk müssen Unternehmen und Betreiber von Rechenzentren bei Edge Computing auf die Sicherheitsmaßnahmen legen. Die Anbindung an verschiedene dezentrale und damit verteilte Datacenter erhöht die Gefahr für Sicherheitslücken. Dabei geht es nicht nur um Datendiebstahl, sondern auch um die Sicherheit von Infrastrukturkomponenten wie beispielsweise Kühlsystemen. Denn werden diese manipuliert, drohen Ausfälle und Datenverlust. Schließlich gelten bei Edge Computing die gleichen flankierenden Sicherheitsmaßnahmen wie in traditionellen Rechenzentren auch. So muss zum Beispiel an jedem einzelnen Ort sichergestellt werden, dass Servicepersonal eine lückenlose Überwachung sicherstellt. Für Unternehmen ist dies ein erheblicher Kostenfaktor, weshalb es sinnvoll ist, mit externen Rechenzentrumsanbietern zusammenzuarbeiten.
Sinnvolle Ergänzung zu herkömmlichen Rechenzentren – und der Cloud
Unternehmen haben erkannt, dass sie schnell handeln müssen, um mit den digitalen Entwicklungen Schritt zu halten. Viele Organisationen, die bisher klassische Rechenzentren genutzt haben, erkennen daher zunehmend die Notwendigkeit, Edge-Technologien in ihre IT-Landschaft zu integrieren. Laut einer aktuellen Studie von Eclipse Foundation setzt bereits mehr als die Hälfte (53 Prozent) der befragten Unternehmen auf IoT und Edge Computing oder plant deren Einsatz innerhalb der nächsten zwölf Monate. Weitere 24 Prozent geben an, in den kommenden zwei bis drei Jahren damit starten zu wollen. Die hohe Relevanz der Technologie zeige sich laut Studienautoren auch darin, dass die Führungsebene in jedem dritten Unternehmen maßgeblich über die Höhe der Investitionen entscheidet.
An dieser Entwicklung sind übrigens auch jene Unternehmen beteiligt, die bisher auf die Cloud gesetzt haben. Lange standen Rechenzentren beziehungsweise Edge und Cloud Computing zumeist im Gegensatz zueinander. Mit dem Einzug von IoT in die Organisationen ergibt diese Trennung jedoch keinen Sinn mehr. Statt sich konträr gegenüberzustehen, bilden Edge und Cloud vielmehr eine sinnvolle Ergänzung. Beispielsweise kommt Edge Computing zum Einsatz, um die Nachteile der Cloud – bei Datensicherheit oder Skalierbarkeit – auszugleichen.