ArtikelKünstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz – Der Praktikant der Identitätsverwaltung

Autor/Redakteur: Thomas Müller-Martin, Global Partners Technical Lead bei Omada/gg

Generative KI entwickelt sich in rasantem Tempo zu einem der größten Technologietrends – ChatGPT, DALL-E 2, Bing AI und Google Bard sind nur einige der bekanntesten Beispiele.

Bild: Omada

Nach Angaben von Gartner haben Risikokapitalgeber in den letzten drei Jahren über 1,7 Milliarden Dollar in generative KI-Lösungen investiert. Dies wird sich tiefgreifend auf die Art und Weise auswirken, wie wir unsere Arbeit in allen Funktionen und Sektoren erledigen. Da Unternehmen versuchen, ihre Prozesse zu verbessern und effizienter zu gestalten, wird KI auch das Identity Management verändern. Um diese Auswirkungen abschätzen zu können, ist es aber zunächst wichtig, die Parameter und Grenzen zu verstehen.

KI ist eine Ergänzung zum Menschen, kein Ersatz

KI hat das Potenzial, manuelle und sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren. Dennoch sind in letzter Instanz an vielen Stellen zwingend von Menschen getroffene Entscheidungen erforderlich. KI wird einfache Aufgaben – und damit einige Arbeitsplätze – ersetzen, aber gleichzeitig wird sie die Tür für neue Arbeitsplätze öffnen. Unternehmen werden flexibler reagieren können und so schneller Mehrwerte schaffen.

Das gilt praktisch für jede Anwendung von KI und entsprechend auch für die Art und Weise, wie sie Unternehmen bei der Identitätsverwaltung helfen kann. KI braucht an vielen Stellen das menschliche Element, um richtig zu funktionieren. Sie bietet eine Menge faszinierender Möglichkeiten, aber der Mensch muss möglichst konkrete Ziele beschreiben, damit ein praktischer Nutzen zuverlässig entsteht.

Ähnlich wie bei Suchmaschinen, von denen viele glauben, dass ChatGPT sie ersetzen wird, kommt es auf den Menschen an, der die Frage stellt, und auf die Personen, die die KI programmiert haben. Denken wir an eine KI in der Identitätssicherheit, die Zugriffsrechte basierend auf bestimmten Kollegen-Gruppen vorschlagen kann. Selbst wenn die Identitätsmanagementlösung diese Vorschläge auf der Grundlage der Aktivitäten anderer Benutzer im Netzwerk katalogisieren kann, ist in diesem Fall immer noch menschliches Engagement erforderlich: Jemand muss bestimmen, wer die wahren Kollegen sind, welche Arten von Zugriffsrechten und Berechtigungen auf der Grundlage von Rollen gewährt werden sollen, um diese Rollen kontinuierlich zu bewerten.

KI und Automatisierung effektiv nutzen

Es gibt zumindest einige Bereiche, in denen KI-basierte Automatisierung innerhalb der IGA sehr nützlich sein kann. Zwei, die besonders hervorstechen, sind:

Unterstützte Entscheidungsfindung: Die Fähigkeit, Automatisierung und Intelligenz zu nutzen, um die menschliche Entscheidungsfindung zu verbessern, ist die Grundlage einer intelligenten IGA. Wo immer möglich, können wichtige IGA-Prozesse wie Zugangsprüfungen, Identity Lifecycle Management und Zertifizierungskampagnen unterstützt werden und durch smarte Vorschläge, Filterung und Priorisierung zu einer wesentlich gesteigerten Benutzerfreundlichkeit führen.

Erkennung von Mustern: Bei der Mustersuche werden Daten durch die Erkennung von Mustern oder Ähnlichkeiten von Merkmalen klassifiziert. Anstatt nach exakten Übereinstimmungen zu suchen, sucht die Mustererkennung nach dem wahrscheinlichsten Muster, um alle verfügbaren Informationen zu klassifizieren. Für die Verwendung mit IGA würde eine KI-gestützte Automatisierung die Muster des Benutzerverhaltens und zuvor festgelegte Regeln finden, die als Grundlage für die Zuweisung von Zugriffsrechten und möglicherweise für die Erkennung von anormalem Verhalten dienen.

Sorgfältiges Vorgehen

Rechenschaftspflicht ist eine wichtige Best Practice bei jeder Art von KI-Anwendung – nicht nur bei der Identitätsverwaltung. Wir können uns nicht allein auf KI und Automatisierung verlassen – wie oben erläutert, sind diese Technologien kein Ersatz für Menschen. KI kann nicht zur Rechenschaft gezogen werden, daher ist es nach wie vor sehr wichtig, Mitarbeiter dabei zu unterstützen, fundiertere Entscheidungen auf der Grundlage intelligenter Empfehlungen zu treffen. In der Vergangenheit haben Anbieter behauptet, KI zu nutzen, aber stattdessen maschinelle Lernalgorithmen implementiert, was in der Praxis bedeutet, dass die Maschine schlechte Entscheidungen trifft, bis sie lernt, die Qualität auf der Grundlage von Erfahrungen schrittweise zu verbessern. Dieser Ansatz ist mit der Idee der Verantwortlichkeit unvereinbar.

Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht darin, sich ganz im Klaren darüber zu sein und realistisch einzuschätzen, was man erreichen will und was man erreichen kann. KI ist nicht innovativ. In diesem Zusammenhang spürt sie keine neuen Trends auf und wird nicht versuchen, gegen sie zu steuern oder sich für ihre Einführung einzusetzen. Sie steuert keine neuen Daten bei. Sie wird Probleme haben, zwischen Korrelation und Kausalität zu unterscheiden. Sie findet lediglich Muster in vorhandenen Daten. Sie hat keine Meinung. Daher ist sie für Prozesse wie die der IGA gut geeignet. KI ist wie die Arbeit mit einem Praktikanten – sie kann helfen, effizienter zu werden und bestimmte Aufgaben zu übernehmen, aber man muss sie beaufsichtigen, gründlich überprüfen und sicherstellen, dass bei wichtigen Entscheidungen keine Fehler gemacht werden.

Fazit

Die KI-Technologie wird immer ausgefeilter – und ist einfacher denn je zu nutzen. Das Aufkommen von ChatGPT und anderer generativer KI bietet Anwendungen, die nur durch die Vorstellungskraft begrenzt zu sein scheinen. Dennoch ist bei der Arbeit mit KI an vielen Stellen das menschliche Element notwendig. Dies kann eine leistungsstarke Kombination sein, wenn sie in der Identity Governance & Administration angewendet wird. Wenn man mit einem klaren Verständnis der Ziele an die Sache herangeht und den Aspekt der Verantwortlichkeit nicht vergisst, wird KI ein guter Begleiter auf dem Weg zu einer stärkeren IGA mit weniger manuellem Input sein.