Security

Frage der Woche: Joint Cybercrime Action Taskforce (J-CAT)

FDW

Im September hat die internationale “Joint Cybercrime Action Taskforce (J-CAT)” probeweise die Arbeit aufgenommen. Die Gruppierung operiert vom European Cybercrime Centre (EC3) in Den Haag aus, die Leitung setzt sich aus führenden Personen des EC3, des FBI, der NCA und des BKA zusammen. Die Ermittler stammen hauptsächlich aus den EU-Mitgliedstaaten, allerdings wird eine Einbindung anderer Staaten nicht ausgeschlossen, um gegen länderübergreifende Cyberkriminalität vorzugehen. Werden deutsche Privatpersonen und Unternehmen dadurch besser vor Cybercrime geschützt? Diese Frage beantworten Clearswift, TP-Link, Norman, die FGND Group, McAfee, Bitdefender, Trend Micro, Fortinet, Symantec und Imperva.

Guy Bunker, Clearswift

Dr. Guy Bunker, Senior Vice President of Products bei Clearswift, meint: “Ich sehe es als einen positiven Schritt hin zu einer gemeinsamen Front gegen Internetkriminalität innerhalb der EU. Für Unternehmen sind Transparenz und Klarheit, umfassende Cyber-Sicherheitsrichtlinien und die richtigen Technologien wichtig. Darüber hinaus braucht es aber auch Kooperation zwischen den europäischen Ländern, um vorhandene Best Practices im Umgang mit Cybercrime zu teilen und umzusetzen. Dieses Projekt wird durch die von der Europäischen Union eigens gegründeten Cybercrime Task Force (EUCTF) überwacht. Das führt hoffentlich dazu, dass wir einen klaren Überblick erhalten über das, was wirklich innerhalb der Unternehmen funktioniert und wo es Verbesserungspotentiale gibt. Es kommt dann aber darauf an, ob J-CAT handlungsfähig ist und ob es schnell genug reagieren kann, um effektiv gegen Cybercrime-Bedrohungen vorzugehen. Um das zu gewährleisten sollten Informationen transparent zugänglich sein und rückhaltlos offengelegt werden. Das haben einzelne Institutionen in der Vergangenheit eher versäumt und stattdessen nur ausgewählte Informationen geteilt. Die modernen Cybercrime-Organisationen agieren global und teilen ihr Wissen, ihre Taktiken und ihre Technologien. J-CAT muss das Gleiche tun, um gegen sie anzukommen.”

Jan Koch

“J-CAT ist eine gute Maßnahme zur Eindämmung der organisierten Kriminalität im Internet”, fügt Jan Koch, 2nd Level Technical Support bei TP-Link hinzu. “Auch der private Nutzer profitiert davon, wenn Botnetze ausgehebelt werden und Malware enttarnt wird. Jedoch werden in erster Linie Unternehmen und die Staaten selbst durch J-CAT Vorteile haben.”

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Oliver Kunzmann, Manager Technical Consulting & Support bei der Norman Data Defense Systems GmbH: “Auf jeden Fall werden deutsche Privatpersonen und Unternehmen besser geschützt. Die finanziellen und personellen Ressourcen und das Wissen einzelner Behörden im Hinblick auf Cyberkriminialität sind begrenzt, nur die wenigsten dürften, wenn überhaupt, Zugriff auf die Top-Spezialisten des Arbeitsgebietes haben. Eine enge Zusammenarbeit im Rahmen von J-CAT schafft Synergien und ermöglicht, dass die Ressourcen optimal eingesetzt werden und allen Partnern zugutekommen können.”

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“Momentan ist der symbolische Wert der J-CAT höher als ihr tatsächlicher Handlungsspielraum”, so Gianluca De Lorenzis, CEO der FGND Group. “Wer bisher das Pech hatte, durch einen Identitätsdiebstahl oder sabotierte Firmenserver ein Opfer von Cyberkriminellen zu werden, konnte kaum auf staatliche Hilfe hoffen. Das mag die J-CAT ändern. Sie entbindet die Bürger aber nicht davon, sich etwa mit einer Datenverschlüsselung selbst vor Angriffen zu schützen.”

Raj Samani

“Cyberkriminalität ist ein globales Thema”, erklärt Raj Samani VP, CTO bei McAfee EMEA. “Kriminelle können eine Straftat begehen, ohne einen Fuß in dasselbe Land wie ihr Opfer zu setzen. Deshalb ist die Zusammenarbeit internationaler Strafverfolgungsbehörden unerlässlich – das unterstreicht die Bedeutung der Joint Cybercrime Action Taskforce. Durch die Zusammenarbeit zwischen der Strafverfolgung und der Privatwirtschaft in Form einer starken Public-Private-Partnerschaft haben wir die besten Chancen, dieser Bedrohung entgegenzuwirken.”

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“Wenn man ans Cyberspace denkt, besteht die größte Hürde bei der Identifikation von Hacker-Gruppen meiner Ansicht nach in der mangelnden Kooperation zwischen den Strafverfolgungsbehörden und unabhängigen IT Sicherheitsfirmen”, meint Bogdan Botezatu, Senior E-Threat Analyst bei Bitdefender. “In diesem Zusammenhang ist eine J-CAT sicherlich äußerst fortschrittlich, sollte aber, um wirklich erfolgreich zu sein, noch um Antivirenhersteller, Telekom Provider und Web Hosting Provider ergänzt werden. Idealerweise wird die Zusammenarbeit über eine Collaboration Plattform abgewickelt, um einen schnellen Austausch auf alle Information zu gewährleisten und ein schnelles Incident-Management zu ermöglichen.”

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Udo Schneider, Sicherheitsexperte und Pressesprecher bei Trend Micro: “Die Zusammenarbeit international kooperierender Strafverfolgungsbehörden ist natürlich zu begrüßen. Davon aber auf eine kurzfristige Zunahme an Sicherheit zu schließen, ist verfrüht. Vielmehr ist mittelfristig mit einer Zunahme an Strafanzeigen und damit auch erfolgreichen Verurteilungen zu rechnen. Das Risiko für Cyberkriminelle steigt – und erst infolgedessen kann man auf ein erhöhtes Sicherheitsniveau hoffen. Ohne die Zusammenarbeit jetzt kleinreden zu wollen: Dieses ‘Mehr an Sicherheit’ ist keine technische Folge der Kooperation, sondern eine Folge des höheren Risikos für die Kriminellen.”

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“Die größte Herausforderung im Kampf gegen Cybercrime besteht darin, dass sie vorwiegend länderübergreifend ist”, findet Guillaume Lovet, Senior Manager der Fortinet EMEA FortiGuard Labs. “Deswegen sind Internet-Kriminellen bisher meistens unbestraft geblieben. Bereits 1983 versuchte die OECD Vorschriften gegen Cybercrime zu harmonisieren. Um Bürger und Unternehmen wirklich zu schützen, müssen allerdings mehr Länder mitmachen und genau hierin liegt das Problem. Die Wirtschaft der Länder, in denen Cybercrime sehr verbreitet ist, profitiert davon, und die Opfer sind in anderen Staaten. Wieso also Maßnahmen dagegen unterstützen geschweige denn durchsetzen?”

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“Die J-CAT (Joint Cyber Crime Action Task Force) unterstützt eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen europäischen Strafverfolgungsbehörden”, denkt Ilias Chantzos, Senior Director EMEA, Global CIP and Privacy Advisor Government Affairs bei der Symantec Corporation. “Betrachtet man die aktuellen gesetzlichen Einschränkungen, die Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf Cyberkriminalität berücksichtigen müssen, stellt der Zusammenschluss den ersten Schritt in die richtige Richtung dar: Durch die J-CAT wird der Informationsaustausch verbessert und Untersuchungen können schneller durchgeführt sowie koordiniert werden – dies alles sind entscheidende Faktoren bei der Aufklärung von Cyberkriminalität.”

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“Die Abwehr von Cyberkriminalität hinkt der physischen Verbrechensbekämpfung quantitativ und strukturell weit hinterher”, schließt Mark Kraynak, Senior Vice President Worldwide Marketing bei Imperva das Thema ab. “Jede Investition in diese Richtung ist daher begrüßenswert. Die J-CAT hat allerdings das Dingfestmachen von Cyberkriminellen, die bereits zugeschlagen haben, als Hauptziel. Zur Abwehr von Hackerattacken kann sie daher nur passiv beitragen, indem potenzielle Angreifer abgeschreckt werden.”

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