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Interview mit Ralf Koenzen, Gründer und Geschäftsführer von LANCOM Systems

Wir haben ein Interview mit Ralf Koenzen, Gründer und Geschäftsführer von LANCOM Systems, zum Thema “Wirtschaftsspionage” geführt.

LANCOM Systems - Foto: Martin Rottenkolber

Sysbus: “Edward Snowdens Enthüllungen der letzten Monate in Bezug auf die Aktivitäten diverser Geheimdienste lassen darauf schließen, dass mehr Länder in einem viel größerem Umfang Wirtschaftsspionage betreiben als zuvor angenommen. Es gibt zwar viele Dementis, diese sind aber – bei objektiver Betrachtung der Sachlage und der überwachten Ziele – wenig glaubwürdig. Unternehmen müssen also dem Schutz vor Wirtschaftsspionage einen hohen Stellenwert einräumen. Welche Methoden sind hier besonders vielversprechend?”

Koenzen: “Die Verschlüsselung der Datenkommunikation ist heute eine zentrale Säule der IT-Sicherheit, um sensible Informationen wie Kundendaten, Geschäftsgeheimnisse oder Produktentwicklungen zu schützen. Mit IPsec-basierten VPNs können vertrauliche Daten und Datenverbindungen im Unternehmen effektiv vor Wirtschaftsspionage geschützt werden. Das gilt auch für Unternehmen, die ihre Daten in der Cloud ablegen: Die Übertragungswege in die Cloud müssen zwingend effektiv verschlüsselt werden. Hierzu bieten sich IPsec VPNs ideal an.”

Sysbus: “Neben technischen Maßnahmen wie Verschlüsselung der Kommunikation und bestmöglicher Absicherung der Unternehmensdaten müssen sich auch die Mitarbeiter über die Gefahr der Wirtschaftsspionage im Klaren sein und das Unternehmen bei der Abwehr von Spionageangriffen schützen. Welche Schulungsmethoden führen in diesem Zusammenhang zum Erfolg?”

Koenzen: “Oft sind es kleine und mittelständische Unternehmen, die im Visier von Wirtschaftsspionen stehen. Allerdings fehlt es hier zum Teil am Sicherheitsbewusstsein. Generell ist IT-Sicherheit Chefsache und muss von ganz oben gelebt werden. In diesem Zusammenhang ist ein materielles und personelles Sicherheitskonzept unabdingbar – es muss nicht nur technische Hilfsmittel rund um IT-Sicherheit umfassen, sondern auch eine ausreichende Sensibilisierung und Schulung aller Mitarbeiter im Umgang mit vertraulichen Informationen.”

Sysbus: “Es gibt Spionage von staatlicher Seite, aber auch aus der Wirtschaft selbst. Unterscheiden sich die Bedrohungen hier von denen, die bei Spionageaktionen durch Geheimdienste entstehen und sind andere Abwehrmaßnahmen erforderlich?”

Koenzen: “Die Motivation, die hinter eine Attacke auf die IT-Infrastruktur steht, ist für uns eher zweitrangig. Unser Ziel muss es sein, jegliche Angriffe von außen – sei es von staatlicher Seite, aus der Wirtschaft, von Cyberkriminellen, direkt oder indirekt – zu unterbinden und unsere Kunden soweit wie möglich vor Sicherheitsbedrohungen zu schützen. Dafür entwickeln wir zuverlässige Produkte und Lösungen, die keinerlei Hintertüren (Backdoors) aufweisen und mit viel Aufwand hinsichtlich möglicher Sicherheitslücken getestet und abgesichert werden.”

Sysbus: “Welche weiteren Konsequenzen werden sich Ihrer Meinung nach aus der Bedrohung durch Wirtschaftsspionage für Unternehmensnetze ergeben?”

Koenzen: “Wirtschaftsspionage ist kein neues Phänomen, sondern durch die Enthüllungen im Umfeld der Snowden-Affäre in den Hintergrund getreten. Neben der Gefahr der Überwachung durch die NSA und andere staatliche Organisationen müssen wir uns der Bedrohung der Wirtschaftskriminalität und Industriespionage wieder bewusster werden. Eine kritische Auseinandersetzung mit den vorhandenen IT-Sicherheitsmechanismen und -konzepten und eine Anpassung an die ‘neue’ Realität nach Snowden sind dafür unabdingbar.”

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